Richtiges Heizen und Lüften
Heizenergie sparen und Feuchteschäden (Schimmel) vermeiden.
Wie nie zuvor werden seit einigen Jahren in vielen Wohnungen unseres Landes im Winter Erscheinungen beobachtet, die das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bewohner beeinträchtigen, sowie zu Schäden an der Bausubstanz führen. An den Außenwänden, vornehmlich von Bädern, Küchen und Schlafzimmern, vielfach auch hinter größeren Möbelstücken und Bildern, entstehen feuchte Stellen und Stockflecke, Schimmel breitet sich aus, Tapeten lösen sich ab, Modergeruch entsteht. Die erste Vermutung, nach der von außen eindringendes Wasser diesen Missstand hervorruft, ist regelmäßig falsch, die Feuchtigkeit kommt vielmehr in den meisten Fällen von innen.
Ursächlich für die Feuchtigkeit ist fast immer, dass das – richtig und wichtig – Bemühen, Heizenergie zu sparen, zu einem unsachgemäßen Heizen und Lüften der Räume verführt hat. Dies kann sich gerade bei solchen Wohnungen besonders nachteilig auswirken, bei denen bereits heizenergiesparende Maßnahmen durchgeführt worden sind. Weiter unten werden die Wirkungszusammenhänge erklärt werden. Hier zunächst einige Anregungen für zeitgemäßes und richtiges Heizen und Lüften zur Vermeidung von Feuchteschäden. Wenn Sie diesen Anregungen folgen, dienen Sie Ihrer Gesundheit und ersparen u. U. sich und uns Ärger und Kosten; außerdem erfüllen Sie damit Ihre entsprechende Verpflichtung aus dem Mietvertrag.
9 Tipps für richtiges Heizen und Lüften
- Heizen Sie auch solche Räume ausreichend, die nicht ständig benutzt werden oder in denen Sie niedrigere Temperaturen vorziehen.
- Sorgen Sie dafür, dass die Temperatur der inneren Oberflächen von Außenwänden 17°C nie wesentlich unterschreitet. Dies ist leichter sicherzustellen, wenn Möbelstücke, besonders solche auf geschlossenem Sockel, nicht zu dicht an der Wand stehen; ein Abstand von über 10 cm erst ermöglicht die notwendige Zirkulation der Raumluft.
- Achten Sie darauf, dass die Wärmeabgabe von Heizkörpern nicht durch Verkleidungen oder lange Vorhänge behindert wird.
- Schließen Sie die Türen weniger beheizter Räume; deren Temperierung ist Aufgabe der örtlichen Heizkörper. Andernfalls dringt mit der wärmeren Luft aus Nebenräumen zu viel Feuchtigkeit ein. Desgleichen sind größere Blattpflanzen besser in vollbeheizten Räumen untergebracht.
- Trenne Sie sich ggf. von an Ihren Heizkörpern hängenden Gefäßen. Zusammen mit anderen, wirksamen Feuchtequellen verstärken Sie die eingangs erwähnten Risiken.
- Widmen Sie der Raumlüftung besondere Aufmerksamkeit. Sie dient nicht nur dem Ersatz verbrauchter Luft durch frische, sondern in starkem Maße auch der Abführung dampfförmigen Wassers, dessen Menge Sie sich je nach Wohnungsgröße und Nutzungsintensität mit 10, 20 oder gar 30 Litern pro Tag vorstellen können.
- Lüften Sie durch „Stoßlüftung“. Beim Lüften geht Heizenergie verloren. Dies muss allerdings im Interesse gesunder raumklimatischer Verhältnisse und zum Schutz des Baukörpers als unvermeidlich hingenommen werden. Worauf es ankommt, ist den Wärmeverlust bei ausreichendem Luftwechsel möglichst gering zu halten. Dies gelingt am besten, wenn man durch geeignetes Vorgehen den vollständigen Luftaustausch möglichst schnell ablaufen lässt. Öffnen Sie deshalb die Fenster und Türen weit; schaffen Sie nach Möglichkeit Durchzug. Nach 5, allenfalls 10 Minuten haben Sie dann die verbrauchte, feuchte Raumluft durch trockene Frischluft ersetzt, die nach ihrer anschließenden Erwärmung wieder viel Wasserdampf aufnehmen kann. Der große Vorteil dieser Lüftungsmethode ist darin zu sehen, dass mit der verbrauchten Luft nur wenig Wärme entweicht; die in den Wänden und Einrichtungsgegenständen gespeicherten, viel größeren Wärmemengen bleiben im Raum und tragen dazu bei, die Frischluft nach Schließen der Fenster schnell wieder auf die gewünschte Temperatur zu bringen.
Diese „Stoßlüftungen“ sollen je nach Nutzung der Räume bis zu 3-mal täglich wiederholt werden. Ein einmaliges, ggf. etwas längeres tägliches Lüften genügt heute nach Abdichtung aller Fugen uns Spalten im Allgemeinen nicht mehr. Jede Dauerlüftung durch spaltbreites Offenhalten oder Ankippen von Fensterflügeln kostet unverhältnismäßig mehr Energie und sollte daher während des Heizbetriebes unterbleiben. - Verhindern Sie, dass die Heizkörper während der „Stoßlüftung“ überflüssig Wärme abgeben. Drehen Sie die Thermostatventile zurück oder – was wirksamer ist – decken Sie sie mit Tüchern ab, um zu vermeiden, dass sie sich unter dem Eindruck der einströmenden Kaltluft aus Gründern des Frostschutzes automatisch öffnen. Andere Ventile sollten Sie schließen.
- Sorgen Sie dafür, dass die beispielsweise beim Duschen oder Kochen in verhältnismäßig kurzen Zeitspannen freigesetzten großen Wasserdampfmengen sofort nach außen abgeleitet und so daran gehindert werden, sich über offene Türen in der ganzen Wohnung zu verteilen.
Nachdem Sie diese Anregungen gelesen haben, stellen sich sicher ein paar Fragen nach dem „Warum“. Zum Verständnis der Problematik sind ein paar physikalische und bautechnische Kenntnisse nötig, die nachstehend vermittelt werden sollen.
Luftabkühlung, Lufterwärmung und Wasserdampf
Luft hat die natürliche Eigenschaft, sich gerne mit Wasser zu verbinden. Man kann sagen, dass jede Luft üblicherweise eine mehr oder weniger große Menge in Form von Wasserdampf enthält. Ob dieser Dampf wie bei Wolken oder Nebel sichtbar oder ob er unsichtbar ist, hängt vom Druck und von der Temperatur ab. Gelegentlich ist dies zu beobachten, wenn durch nächtliche Luftabkühlung Nebel entsteht, der nach Lufterwärmung durch die Sonne am Tage wieder verschwindet. Bei noch stärkerer Luftabkühlung wird aus dem sichtbaren Dampf sogar wieder Wasser, der sich als Tau oder gar in fester Form als Reif niederschlägt und erst bei wesentlicher Erwärmung von der Luft wieder begierig aufgenommen wird, bis hin zum unsichtbaren Dampfzustand.
Hieraus erkennt man zweierlei: Die Fähigkeit der Luft zur Aufnahme von dampfförmigem Wasser ist begrenzt. Diese Grenze ist nicht starr, sondern im Wesentlichen abhängig von der Lufttemperatur. So kann ein Kubikmeter Luft von 0°C höchstens 5 g Wasser aufnehmen; bei 20°C beträgt die Belastungsgrenze 17 g und bei 30°C schon 30 g Wasser.
Die Nutzanwendung dieses Wissens für die Erklärung unseres Problems ist offensichtlich. Wird in einer Wohnung mit Feuchtigkeit angereicherte Luft abgekühlt, kann die Temperatur unterschritten werden, bei der die Luft unsichtbaren Dampf nicht mehr festhalten kann, sondern Teile als Wasser ausscheiden muss. Diese Ausscheidung beginnt dort am ehesten, wo die Abkühlung der Luft am weitesten fortgeschritten ist, d. h. an den kältesten Flächen im Raum. Diese Erfahrung. über die jeder verfügt, der schon einmal seinem Kühlschrank eine Bierflasche entnommen hat, an einem kalten Tag ein Gebäude mit Brille betrat oder sich an einem Wintermorgen mit seinem im Freien abgestellten Auto bei geschlossenen Fenstern auf den Weg machen wollte, ist auf die Außenwände einer Wohnung direkt übertragbar. Stellen die Außenwände die kältesten Flächen im Raum dar, so wird sich auf ihnen zwangsläufig Wasser niederschlagen, wenn die Feuchtigkeit im Verhältnis zu ihrer Temperatur zu hoch ist oder die Lufttemperatur im Verhältnis zum Wasserdampfgehalt der Luft zu niedrig ist.
Man macht sich selten klar, wie groß die Wassermengen sind, die bei normaler Benutzung einer Wohnung freigesetzt und von der Luft aufgenommen werden müssen. Allein im Schlaf wird pro Nacht und Person über Haut und Atemluft etwa 1 Liter abgegeben. Daneben wird die Aufnahmefähigkeit der Luft beim Kochen, Geschirrspülen, Baden, Duschen, Waschen, Wäschetrocknen in Anspruch genommen, Zimmerpflanzen verdunsten das gesamte Gießwasser und an vielen Heizkörpern hängen Wasserbehälter, die, ständig frisch gefüllt, zu allem Überfluss die im Winter angeblich zu trockenen Raumluft befeuchten sollen. All diese dampfförmige Wasser muss durch ausreichenden Luftaustausch regelmäßig aus der Wohnung abgeführt werden, wenn es nicht die eingangs dargestellten Erscheinungen hervorrufen und langsam die Wände durchfeuchten und zerstören soll.
Energieeinsparung und Energieverschwendung
Warum die geschilderten Schwierigkeiten früher viel seltener auftraten, ist leicht verständlich. Niedrige Energiekosten führten dazu, dass die Räume stärker beheizt wurden, wodurch die Luft mehr Wasserdampf halten konnte. Länger offenstehende oder gar angekippte Fenster ermöglichen den laufenden Austausch von feuchter Raumluft gegen trockenere Frischluft; selbst bei geschlossenen Fenstern sorgten durchlässige Fugen und Wind für einen beachtlichen Luftwechsel. War die Raumluft trotzdem mit Wasser überladen, so schied sie es eher als an den Wänden an den einfach verglasten und dadurch noch kälteren Fensterscheiben ab, von wo es, soweit sich keine Eisblumen bildeten, durch kleine Löcher im Rahmen nach draußen abfloss.
Heute haben hohe Heizkosten und der verstärkte Antrieb zur Energieeinsparung dazu geführt, dass die Fenster vielfach mit Isolierglas versehen wurden, dessen innere Oberfläche oft wärmer als die der Außenwände ist. Die Fugen erhielten festschließende Dichtungen. Gelüftet wird häufig nur ungenügend und die Beheizung wird örtlich und zeitlich soweit eingeschränkt, wie es die Bewohner gerade noch ertrage zu können meinen. Dabei wird übersehen, dass die vermeintlich so erfolgreiche Energieeinsparung bei Übertreibung in Wirklichkeit eine Energieverschwendung sein kann. Lange bevor Schäden sichtbar werden, wird der in die Wand eingedrungene Wasserdampf in den weiter außen liegenden und damit viel kälteren Luftschichten kondensieren, das die vielen sonst mit Luft gefüllten Poren füllt. Eine innerlich aber derart durchfeuchtete Wand leitet die teuer erzeugte Heizwärme bis zu 30-mal schneller nach außen als eine trockene; dieser Nachteil wird durch niedrige Raumtemperaturen nicht annähernd ausgeglichen.
Wenn Sie diese Zusammenhänge einmal in Ruhe überdenken, werden Sie erkennen, dass und warum die Berücksichtigung der eingangs gegebenen Anregungen geeignet ist zu verhindern, dass Feuchtigkeitsschäden in Wohnungen auftreten.
Für Ihre Bemühungen um ein sachgerechtes Heizen und Lüften wünschen wir Ihnen viel Erfolg.